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Corona-Virus im Arbeitsverhätnis
Das Corona-Virus kann erhebliche Auswirkungen auf ein
Arbeitsverhältnis haben. Die Autauschbeziehungen Arbeit gegen
Geld können durch Erkrankung, aber auch aus Angst vor
Infektionen, wegen Vorsorgemaßnahmen oder Quarantäne erheblich
gestört werden.
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Wer erkrankt, hat als Arbeitnehmer sechs Wochen Anspruch auf
Entgeltfortzahlung. Dauert die Krankheit länger, so besteht in
der Regel Anspruch auf Krankengeld, welches von der Krankenkasse
bezahlt wird.
Aus Angst der Arbeit ferngeblieben
Wer aus Angst vor Ansteckung auf dem Weg oder in der Arbeit zu
Hause bleibt, verliert seinen Anspruch auf Entgelt. Denn wer
seine Arbeit verweigert, verliert im Gegenzug den
Vergütungsanspruch. Wer einfach aus Sorge um seine Gesundheit zu
Hause bleibt, ohne erkrankt oder unter Quarantäne gestellt
worden zu sein, riskiert wegen der verweigerten Arbeitsleistung
abgemahnt und nach erfolgter Abmahnung sogar gekündigt zu
werden. In solchen Fällen sollte man vorsorglich mit dem
Arbeitgeber über Urlaub, den Abbau von Überstunden, etwa aus
Arbeitszeitkonten, oder einer einvernehmlichen unbezahlten
Freistellung, und wo es geht, z. B. über einen Heimarbeitsplatz
am häuslichen PC sprechen.
Urlaubsanspruch
Wer Urlaub beantragt, dem muss er in der Regel auch gewährt
werden. Der Arbeitgeber kann aber den Urlaubsantrag durchaus
ablehnen, wenn er zu kurzfristig kommt und daher dringende
betriebliche Belange nicht mehr organisiert werden können oder
aber schon die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die also
beispielsweise früher den Antrag gestellt haben, dem
Urlaubswunsch entgegenstehen. Ohne Genehmigung in den Urlaub zu
gehen ist gefährlich, da so etwas auch eine fristlose Kündigung
nach sich ziehen kann.
Arbeitszeitkonten
Gibt es im Betrieb Arbeitszeitkonten, in welchen auch
beträchtliche Guthaben angespart oder die weit ins Minus geführt
werden können, so gibt es meist hierfür allgemeine Regeln, auf
welcher Grundlage beispielsweise auch en bloc solche Guthaben
abgebaut und Freizeit genommen werden kann. In großen Betrieben
sucht man hierfür am besten den Betriebsrat auf und lässt sich
die einschlägigen Betriebsvereinbarungen einmal aushändigen.
Möglicherweise eröffnet dies auch Freizeit, die bezahlt wird
und auf die man Anspruch hat.
Homeoffice
Wer bereits ein Homeoffice von seinem Arbeitgeber eingerichtet
erhielt, hierüber bereits Regelungen geschaffen hat, ist auf
der sicheren Seite. Wenn das Risiko der Infektion auf dem Weg
zum Arbeitsplatz oder gar am Arbeitsplatz steigt, aber die
Arbeit auch von zu Hause bewältigt werden kann, kann sich der
Arbeitgeber, auch wenn er zunächst vielleicht nur einen Tag
Homeoffice in der Woche vereinbart hat, kaum dagegen mit Erfolg
wehren, wenn man beantragt, nunmehr im größeren Umfang von zu
Hause aus arbeiten zu wollen zur Vermeidung von
Gesundheitsrisiken. Ohne aber das Vorliegen von objektiven
Gründen, also eine konkretisierte Gefährdungslage, wird man wohl
keinen Anspruch auf die Ausweitung einer bestehenden
Vereinbarung haben. Wer noch kein Homeoffice hat, kann sich in
großen Unternehmen sicher auch an den Betriebsrat wenden, um
herauszufinden, ob hierauf ein Anspruch besteht. Wenn noch
keine Betriebsvereinbarung zum Home-Office oder – wie es
großzügiger heute lautet – „Mobilen Arbeiten“ besteht, sollte
der Betriebsrat, die MAV oder der Personalrat eine solche mit
dem Arbeitgeber abschließen.
Lieferengpass und Kurzarbeit
In klassischen Produktionsbetrieben kann der Arbeitgeber, wenn
beispielsweise Vorprodukte nicht mehr lieferbar sind, die
Mitarbeiter nur noch beispielsweise wenige Stunden am Tag
beschäftigen. Das Risiko solcher Lieferbeziehungen trägt der
Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer, der seine volle Arbeitskraft
anbietet, hat selbstverständlich Anspruch auf volle Vergütung.
In Betrieben, die unter dem Dach von Tarifverträgen die
Arbeitsbedingungen regeln, große Betriebe, in welchen
Betriebsräte vielerlei Fragen mitgestalten und in
Arbeitsverhältnissen, in welchen die Arbeitgeber Vorsorge
getroffen haben, kann auch Kurzarbeit angeordnet werden. Bei
vorübergehenden Situationen kann der Arbeitgeber beim Arbeitsamt
Kurzarbeit beantragen und so seine finanzielle Last aus derlei
Störungen zu minimieren versuchen.
Wird die Kurzarbeit wegen der Corona-Krise angemeldet, erhöht
sich das Kurzarbeitergeld von zunächst 60 %, mit Kind 67 % des
letzten Nettoentgelts für die ersten drei Monate dann mit dem
Beginn des vierten Monats um zehn Prozentpunkte auf dann 70 %
bzw. 77 %. und mit dem siebten Monat auf 80 % bzw. 87 %. Sinkt
die Kurzarbeit vorübergehend unter 50 % der Arbeitszeit, erhöht
sich das Kurzarbeitergeld nicht. Steigt die Kurzarbeit wieder
über 50 % der Arbeitszeit an, fängt man aber nicht mehr bei
„null“ an, sondern nimmt die Erhöhungen aus der Vergangenheit
mit.
Kita-Schließung
Schließen Kitas oder Schulen, so kann es für Elternteile
erforderlich sein, möglicherweise über Wochen die Betreuung
organisieren zu müssen. Bei derlei Kita- und Schulschließungen
ist die Arbeitspflicht suspendiert. D. h. es gibt keine
Verpflichtung zu arbeiten, wenn das Kind unversorgt zu Hause
bleibt. Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, wochenlang
den Lohn zu zahlen. Solange das Kind nicht krank ist, gibt es
auch kein Geld von der Krankenkasse oder eine entsprechende
Vergütung für die sonst üblichen Tage im Falle der Erkrankung
des Kindes. Ansprüche auf Ausgleichszahlungen bestehen dann i.
H. v. 67 % (wie beim Arbeitslosengeld), allerdings nur maximal
zehn Wochen.
Quarantäne
Ordnet eine Landesbehörde Quarantäne an, hat man, wenn man
deshalb nicht mehr zur Arbeit geht, trotzdem weiter sechs Wochen
Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das Infektionsschutzgesetz
regelt, dass der Arbeitgeber in solchen Fällen die
Entgeltfortzahlung, die er seinen Mitarbeitern geleistet hat,
erstattet erhält. Nach Ablauf von sechs Wochen übernehmen die
Landesbehörden selbst die Zahlung direkt an die Betroffenen.
Dann ist aber die Höhe beschränkt und erreicht nicht mehr das
ursprüngliche Entgelt. Die Höhe bemisst sich danach, was auch
die Krankenkasse im Falle der Krankengeldzahlung geleistet
hätte. Praktisch relevant ist dies aber vermutlich nicht, da die
Quarantäne in der Regel selten zwei Wochen überschreiten wird.
Eine solche Entschädigung erhält nicht nur derjenige, der
erkrankt ist, wobei der Erkrankte sie ohnehin im Wege der
Entgeltfortzahlung erhält und es hierbei überhaupt nicht des
Infektionsschutzgesetzes bedarf. Spannend sind jene Fälle, in
welchen nur ein Verdacht besteht, die Betreffenden aber
abgesondert werden, z. B. weil ein bestimmter Personenkreis an
einer Veranstaltung teilgenommen hat und nunmehr als
Ansteckungsverdächtige gelten. Auch dann besteht ein solcher
Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls, wenn
die Quarantäne von der zuständigen Landesbehörde angeordnet
wird. Sind die Behörden aber überfordert und ordnen deshalb
keine Quarantäne an und man begibt sich dennoch aus guten
Gründen in Quarantäne, sollten zur Sicherung der Ansprüche die
Beweismittel gesichert werden, also z. B. auch ein
entsprechendes Attest ggf. auch einer anderen Person besorgt
werden zum Beleg dessen, dass man sich wegen deren Erkrankung
selbst in Quarantäne begeben musste.
Entschädigung erhalten aber nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch
Selbstständige. Selbstständige können für die Dauer einer
solchen Quarantänemaßnahme auch Entschädigungen erhalten, auf
besonderen Antrag hin, zur Abdeckung etwa sonst nicht
abgedeckter Betriebsausgaben.
Vorbereitung
In großen Betrieben ist es ratsam, dass Betriebsrat und
Arbeitgeber mögliche Einschränkungen einmal durchspielen und
Aspekte, wie kurzfristig beantragten Urlaub, Homeofficeplätze,
aber auch Kurzarbeit und Betreuungsleistungen für Eltern, die
von Kita- und Schulschließungen betroffen sind, frühzeitig
regeln. In kleineren Betrieben wird man im direkten Gespräch mit
den Verantwortlichen abklären müssen, was im Worst-Case-Fall
gelten soll.
Kanzlei
für Arbeitsrecht in Schöneberg Klaus Stähle
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