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Aktuelles
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Praktika zur
Berufsvorbereitung für einen Flüchtling in der Anwaltskanzlei
Stähle
Wir bieten einem Flüchtling ein dreimonatiges Praktikum zur
Berufsorientierung in unserer Kanzlei zum Berufsbild der/des
Rechtsanwaltsfachangestellten an. Für dieses Praktikum ist keine
Arbeitserlaubnis durch die Bundesagentur für Arbeit
(Vorrangprüfung) erforderlich. Es genügt die Zustimmung der
Ausländerbehörde.
Die Kanzlei ist ausschließlich im Bereich des Arbeitsrechts
tätig. In der Kanzlei arbeiten drei Anwälte und zwei
Sekretariatsmitarbeiterinnen (Rechtsanwaltsfachangestellte). Das
Praktikum bietet einer/m AsylbewerberIn bzw. Flüchtling eine
Orientierung über die Anforderungen einer Tätigkeit einer/eines
Rechtsanwaltsfachangestellten. Es ist von Vorteil, wenn
vergleichbare Erfahrungen oder eine Ausbildung bereits vorhanden
sind (z. B. Tätigkeit nach rechtsförmlichen Vorgaben in
Behörden, Gerichten, in Unternehmen im kaufmännischen oder
buchhalterischen Bereich, u. Ä.).
Zur Verständigung mit uns sind Deutschkenntnisse erforderlich.
Gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift, wie sie für eine
Ausbildung zur/zum Rechtsanwaltsfachangestellten erforderlich
sind, werden für das Praktikum nicht benötigt. Nach dem Grad
bereits vorhandener Deutschkenntnisse, können der
Praktikantin/dem Praktikanten sehr unterschiedliche Aufgaben aus
dem Sekretariatsbereich übertragen werden.
Bei Interesse, setzen Sie sich bitte mit Frau Neugebauer in
unserem Sekretariat in Verbindung.
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Arbeitsgerichtliche Entscheidungen
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1. Krasser geht es nicht: Das LAG Schleswig-Holstein hatte zu
beurteilen, ob ein Arbeitnehmer, der sich selbst als Kameramann
verlieh, im Anstellungsverhältnis zum Entleihbetrieb steht. Der
Kameramann sah sich gezwungen, um seine Auftraggeber nicht zu
verlieren, eine GmbH zu gründen, deren Geschäftsführer er war.
Er selbst verlieh sich als Leiharbeitnehmer dann an eine
Rundfunkanstalt für regelmäßige Aufnahmen.
Zwar war seine Firma eine ordnungsgemäße Verleihfirma. Er übte
aber wie viele Arbeitnehmer Daueraufgaben aus. Als
Geschäftsführer seiner eigenen Verleihfirma war er aber selbst
kein Arbeitnehmer. Die gesamte Vertragsgestaltung war daher auf
Umgehung zwingender Arbeitnehmerschutzvorrichtungen ausgelegt.
Das LAG hat deshalb aus gutem Grund ein Arbeitsverhältnis zur
Rundfunkgesellschaft bejaht (LAG Schleswig-Holstein vom
01.12.2015 – 1 Sa 439b/14). Aus grundsätzlichen Erwägungen wurde
die Revision zum BAG zugelassen.
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2.
Das Oberverwaltungsgericht Münster sichert Beschäftigten der
Logistikbranche den arbeitsfreien Sonntag. Die Logistikbranche
liefert durch Zusage immer kürzerer Lieferfristen - bei einigen
sind die mit zusätzlichen Kosten behafteten Expressbestellungen
mittlerweile 75 % des Auftragsvolumens - zunehmend samstags. Um
das hohe Aufkommen zu bewältigen, wollten Logistiker auch
sonntags und feiertags arbeit lassen. Das hierfür zuständige OVG
entschied auf Antrag der Gewerkschaft ver.di, dass der
Feiertagsschutz nicht hinter das Geschäftsmodell mit immer
spontaneren Belieferungswünschen, es ging um das
Weihnachtsgeschäft am 4. Advent, zurücktreten müsse (OVG Münster
vom 18.12.2015 – 4 B 1463/15 und 4 B 1465/15).
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3.
Manche Arbeitgeber machen es sich mit der Betriebsratsanhörung
gemäß § 102 Abs.
1 Satz 2 BetrVG zu einer beabsichtigten Kündigung allzu leicht.
Sie berufen sich auf die sog. „subjektive Determination“ und
meinen dem Betriebsrat schlicht nur das mitteilen zu müssen, was
für ihren eigenen Kündigungsentschluss maßgeblich war. Das BAG
(vom 16.07.2015 – 2 AZR 15/15) stellte klar, dass ein
Arbeitgeber, der den Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen
Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt unterbreitet,
nicht die Anforderungen an eine wirksame Anhörung erfüllt. Dies
gilt erst recht bei der Schilderung eines bewusst unrichtigen
oder gar eines irreführenden Kündigungssachverhalts. Da aber
Arbeitgeber gerne behaupten, es nicht besser gewusst zu haben,
kann eine fehlerhafte und damit unwirksame Betriebsratsanhörung
bereits dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber seinen Wissensstand
bewusst als umfassender darstellt, als er sich in Wahrheit
herausstellt. Denn dann nimmt der Arbeitgeber in Kauf, den
Betriebsrat in unzutreffender Weise zu unterrichten.
Eine begrüßenswerte Entscheidung, welche der Laxheit im Umgang
mit der subjektiven Determination Grenzen aufzeigt.
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4.
Die Mitbestimmung des Betriebsrats beim betrieblichen
Eingliederungsmanagement (BEM) kennt Grenzen. Das BAG (vom
22.03.2016 – 1 ABR 14/14) hat klargestellt, dass das
Mitbestimmungsrecht beim BEM sich auf die Aufstellung von
Verfahrensgrundsätzen gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG,
dem Recht des Betriebsrats bei Maßnahmen des Gesundheitsschutzes
mitzubestimmen, beschränkt (§ 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Wenn in
der Betriebsvereinbarung ein Integrationsteam unter Beteiligung
des Betriebsrats festgelegt ist und dieses die Umsetzung von
Maßnahmen zur Aufgabe übertragen erhält ist die Grenze
überschritten, da die Umsetzung der Maßnahmen dem Arbeitgeber
vorbehalten bleiben muss. D. h. das Integrationsteam kann
Vorschläge unterbreiten und diese später evaluieren. Für zu
ergreifende Maßnahmen ist aber allein der Arbeitgeber zuständig.
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5.
Nachtzuschlag in Höhe von 25 % für Arbeitnehmer, die regelmäßig
Nachtarbeit leisten. Das BAG (vom 09.12.2015 – 10 AZR 423/14)
füllte § 6 Abs. 5 ArbZG inhaltlich aus. Wer dauerhaft in der
Nacht arbeitet und damit nach arbeitswissenschaftlichen
Erkenntnissen größeren Belastungen ausgesetzt ist, als jene, die
in Wechselschicht arbeiten, steht sogar ein höherer Zuschlag zu.
Ob der Zuschlag ausbezahlt wird oder faktorisiert in Arbeitszeit
umgerechnet durch Freistellung „bezahlt“ wird, ist egal. Weniger
als 25 % mag nach Auffassung des BAG dann gezahlt werden, wenn
die Arbeitsbelastung in der Nacht gegenüber der üblichen
Arbeitsbelastung eher gering ist, etwa weil wenig Arbeit anfällt
oder es sich gar um Bereitschaftsdienst handelt. Rein
wirtschaftlichen Erwägungen zum Unterschreiten der 25 %-Grenze
hat das BAG eine klare Absage erteilt. Für Arbeitnehmer in
nichttarifgebundenen Betrieben ist die Entscheidung eine gute
Orientierungsmöglichkeit.
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6.
Ein Betriebsratsmitglied, welches die Domain-Adresse mit dem
Namensbestandteil des Arbeitgebers und dem Zusatz „-br.de“
sichert, verletzt nicht das Namensrecht des Arbeitgebers. Wer
also seinem Betriebsratsgremium technisch auf die Sprünge helfen
will und hierfür die Domain „br“ in Verbindung mit dem
Arbeitgebernamen sichert, ist rechtlich als Berechtigter dieser
Adresse geschützt und kann nicht vom Arbeitgeber mit Erfolg auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden (BAG Vom 09.09.2015 – 7
AZR 668/13).
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7.
Das BAG hat festgestellt (Beschluss vom 20.04.2016 - 7 ABR
50/14), dass der Arbeitgeber grundsätzlich nicht dazu
verpflichtet ist, dem Betriebsrat unabhängig von seinem Netzwerk
einen eigenen Internetzugang zur Verfügung zu stellen. Auch
besteht keine Verpflichtung einen gesonderten Telefonanschluss
für den Betriebsrat einzurichten, unabhängig von der
Telefonanlage des Unternehmens. Selbstverständlich hat der
Betriebsrat Anspruch auf Einrichtung eines Internetzugangs, auf
eigene E-Mailadressen und Anspruch auf einen eigenen
Telefonanschluss, aber jeweils bezogen auf die Anlage und die
vorhandene Infrastruktur des Unternehmens. Hat der Betriebsrat
Sorge, dass der Arbeitgeber ihn überwacht, so muss er seine
Rechte aus § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG ausschöpfen und bei
Verstößen das Arbeitsgericht und den Datenschutzbeauftragten
bemühen.
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8.
Bei Unternehmen mit mitbestimmtem Aufsichtsrat sind nicht nur
die eigenen Arbeitnehmer, sondern auch die Leiharbeitnehmer für
die maßgeblichen Schwellenwerte, also z. B. dem Übergang von der
Direktwahl zur Delegiertenwahl, maßgeblich (BAG, Beschluss vom
04.11.2015 – 7 ABR 42/13). Eine Entscheidung, die im Grunde
bereits lange erwartet wurde. Zwar betraf der hier zu
entscheidende Fall einen Betrieb mit mehr als 8.000
Arbeitnehmern. Schwellenwerte und die Einbeziehung von
Leiharbeitnehmern ist aber auch bei der Beschäftigung von nur
500 Arbeitnehmern und der Anwendung der drittelparitätischen
Mitbestimmung relevant. Beim Grenzwert 2.000 Arbeitnehmer, ist
die paritätische Mitbestimmung anzuwenden.
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9.
Die betriebliche Arbeitszeit im Sinne des Mitbestimmungsrechts
gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG umfasst auch die Zeiten für das
An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung. Wer
gehalten ist Dienstkleidung zu tragen, wie zum Beispiel
Mitarbeiter in Krankenhäusern, muss die Umkleidezeit vergütet
erhalten. Nichts anderes gilt auch in der
Nahrungsmittelindustrie, wo Arbeitnehmer aufgrund der
Hygienevorschriften sich umkleiden müssen und hierfür Zeit
aufwenden. Das BAG hat in der Entscheidung klargestellt, dass,
wer auffällige Kleidung dienstlich zu tragen hat und sich
deshalb nicht in Dienstkleidung zur Arbeitsstelle begeben will,
z. B. weil die Kleidung auffällige Werbebotschaften trägt oder
man sich gar in der Öffentlichkeit mit der Kleidung der
Lächerlichkeit preisgeben würde, steht selbstverständlich der
Vergütungsanspruch zu. Mit der Vergütungspflicht korrespondiert
das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (vgl. BAG vom
17.11.2015 – 1 ABR 76/13).
Personalstärke-Tarifvertrag - ein neuer Trend
Ein neuer Trend geht um: Personalstärke-Tarifverträge. Nach
Jahrzehnten immer weiter erhöhter Arbeitsverdichtung greifen
Gewerkschaften endlich neben den üblichen Tariflohnforderungen
auch direkt den heute wichtigsten Grund der Arbeitsbelastung
auf: Arbeitsverdichtung und Personalmangel. Der Tarifabschluss
der GDL zeigt, dass nicht nur Prozentpunkte und die
Tarifzuständigkeit, sondern auch die Einstellung von 300 neuen
Lokomotivführern und 100 neuen Zugbegleitern tariflich regelbare
Ziele sind. Nur durch mehr Personal können Überstunden und
Stress, der sich häufig in psychischen Erkrankungen (Burnout,
Depression) manifestiert, nachhaltig bekämpft werden.
Die Gewerkschaft ver.di hat in Berlin den Streik der
Charité-Beschäftigten organisiert mit dem Ziel, die
Personalausstattung zu verbessern, also die Fachkraftquote pro
Patient zu erhöhen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
hat eine einstweilige Verfügung abgewehrt mit der die
Charité-Leitung den Streik verbieten wollte (Az.: 26 SaGa
1059/15). Das Ziel, mehr Gesundheitsschutz für die Beschäftigten
durch eine personelle Mindestausstattung zu erreichen, ist also
ein tarifpolitisch regelbares und auch damit zulässiges
Streikziel.
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